3. Soziale Netzwerke: Nachbar*innen als Familienersatz?
Die Familie gilt als wichtigste Ressource für Unterstützung im Alter. Allerdings wird es in Zeiten von wachsender Individualisierung, unsicheren Arbeitsverhältnissen und steigender Mobilität immer seltener, dass die Familie in der Nähe wohnt und sich um die Älteren kümmern kann. Aber wer übernimmt dann diese Aufgaben? Freund*innen werden im höheren Alter besonders wichtig sind, wenn es um Aktivitäten im Alltag und emotionale Unterstützung geht. Man spricht deshalb auch von ‚Wahlfamilien‘, die auf Freundschaft basieren. Neben Freund*innen sind Nachbar*innen wichtige Bezugspersonen. In der Nachbarschaft ist es die räumliche Nähe, die ein unkompliziertes Miteinander und die Bereitschaft für gegenseitige Gefälligkeiten ermöglicht. Unsere Forschung zu Nachbarschaftsbeziehungen im Alter in Berlin zeigt, dass Nachbar*innen für die Älteren dann besonders wichtig sind, wenn keine Familie vorhanden ist oder diese nicht in der Nähe wohnt. Die räumliche Nähe ist für die gegenseitige Unterstützung älterer Menschen unerlässlich, aber auch Jüngere und Ältere können beispielsweise in Mehrfamilienhäusern voneinander profitieren. Es ist das Da-Sein, das Vertrauen in die Person von nebenan, die Nachbar*innen zu einer enorm wichtigen Ressource macht.
Urheber: Mauro Rego
In unserer diversen Gesellschaft verändern sich die Unterstützungssysteme im Alter unablässig: Kinderlose Ältere, ältere Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen, Ältere, deren Kinder in anderen Städten und Ländern arbeiten oder ältere Migrant*innen, deren Verwandte im Ausland leben, – sie alle sind auf Unterstützungsnetzwerke angewiesen, die außerhalb der Familie liegen. Städte und Nachbarschaften, die Begegnungen zwischen Kulturen, sozialen Schichten und Generationen aktiv fördern, können bei der Unterstützung älterer Menschen neue Möglichkeiten entwickeln. Gegenseitige Hilfestellung verstärkt den Bezug zur Nachbarschaft und wird als positive Bereicherung erlebt. Einrichtungen wie Nachbarschafts-Cafés, öffentliche Bibliotheken, aber auch die simple Bereitstellung von Grünflächen mit Bänken, können nachbarschaftliche Kontakte stärken.
Urheber: Mauro Rego
Die Gestaltung einer freundlichen Wohnumgebung könnte so maßgeblich dazu beitragen, dass Nachbar*innen das Fehlen der Familie kompensieren und neue soziale Netze entstehen.
Infografik: Nachbar*innen als Familienersatz
Illustration: Mauro Rego
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